Die Demenz ist zur Volkskrankheit geworden. Immerhin 8,6% der Deutschen über 65 Jahre leiden an der neurodegenerativen Erkrankung. Wie entsteht die Krankheit? Ist Demenz vererbbar? Wie erfahre ich, ob ich ein Risiko-Gen habe?

Diesen Fragen widmen wir uns in diesem Blog-Artikel.

Ist Demenz vererbbar? Die DNA kann die Alzheimer-Krankheit begünstigen oder in seltenen Fällen auch auslösen.
Die DNA bestimmt nicht nur unser körperliches Aussehen. Bestimmte Mutationen und Veränderungen in den Genen können auch zu Krankheiten wie Demenz führen oder sie begünstigen.

Die altersbedingte Alzheimer-Demenz und ihre Erblichkeit

Zunächst ist es wichtig, dass Demenz nicht gleich Demenz ist. Denn es gibt verschiedene Formen, die sich in Ursache, Symptomatik und Erblichkeit unterscheiden.

Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Demenz. Der Unterschied zwischen den Begrifflichkeiten “Alzheimer“, “Demenz“, “Alzheimer-Demenz“, und “Alzheimer-Krankheit” ist in diesem Beitrag genauer erklärt.

Die Alzheimer-Demenz entsteht im fortgeschrittenen Stadium der Alzheimer-Krankheit. Hier verklumpen fehlgefaltete Eiweiße. Durch die Verklumpungen kommt es zum Absterben von Neuronen. Im Zuge dessen schrumpft das Gehirn.

Nach wie vor ist der größte Risikofaktor das Alter. Vor allem ab 65 Jahren steigt die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken.

Zwillingsstudien haben gezeigt: Das Risiko, an der Alzheimer-Krankheit zu erkranken, ist zu 60-80% erblich bedingt. Weiterhin hat die Genforschung ca. 40 Gene identifiziert, die zur Erkrankung beitragen. [1]

Das bedeutet nicht, dass 60-80% der Alzheimer-Betroffenen nur aufgrund ihrer Gene die Krankheit bekommen!

Eine besondere Rolle spielt das sogenannte APOE-Gen auf Chromosom 19. Das Gen enthält die Information, wie das Apolipoprotein E gebildet wird. Dieses Eiweiß ist wichtig für den Fettstoffwechsel. Das APOE-Gen kann in 3 verschiedenen Varianten vorleigen: E2, E3 und E4. Die meisten Menschen haben das E3-Allel (72%).

Wer die E4-Variante auf dem Chromosom hat, hat ein 3-4 mal höheres Risiko, an der Alzheimer-Krankheit zu erkranken. Wenn auf beiden Teilen des Chromosompaars die E4-Varianten vorliegen, ist das Risiko an der Spätform von Alzheimer zu erkranken um das etwa 12-fache erhöht. [2]

Ist die Alzheimer-Krankheit vererbbar? Ja, erbliche Faktoren können die Erkrankung begünstigen. Allerdings muss eine genetische Veranlagung nicht zwangsläufig in die Alzheimer-Demenz führen.

Denn: Ein gesunder Lebensstil und präventive Maßnahmen können dazu beitragen, dass das Leben im Alter trotz symptomfrei bleibt.

Die erbliche Alzheimer-Krankheit

Die seltene erblich bedingte Alzheimer-Krankheit, die häufig schon im 30. – 60. Lebensjahr auftritt, macht etwa 1% der Fälle aus. Bei dieser Form wurden 3 Gene identifiziert, bei denen die Mutation mindestens einer davon zur Krankheit führt:

  • PSEN1 (Presenilin 1) auf Chromosom 14
  • APP (Amyloid beta (A4) Precursor Protein) auf Chromosom 21
  • PSEN2 (Presenilin 2) auf Chromosom 1

Wer eine dieser Mutationen aufweist, wird in jedem Fall an Alzheimer erkranken. Das bedeutet: wenn ein Elternteil die erbliche Alzheimerkrankheit hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit 50%, dass das Kind dieselbe Genvariante geerbt hat. Haben beide Elternteile die Genmutation, so wird das Kind mit 100%iger Wahrscheinlichkeit auch erkranken. Hier lohnt sich also eine medizinische Untersuchung. In diesem Fall ist Demenz vererbbar. Diese vererbbare Form der Alzheimer-Krankheit wird auch „familiäre“ Alzheimer-Krankheit genannt.

Wie erfahre ich, ob ich das Risikogen geerbt habe?

Um herauszufinden, welche Genvariante des APOE-Gens Sie haben, kann eine Typisierung vorgenommen werden. Das geschieht mittels PCR Test. Meist ist dies aber nicht zur Vorsorge nötig. Stattdessen wird sie im Rahmen von Studien oder zur Abklärung der Krankheit durchgeführt.

Wenn in Ihrer Familie die seltenere erblich bedingte Form von Alzheimer auftritt, sollten Sie medizinische Fachkräfte konsultieren. Zunächst wird dann mittels Sequenzierung der DNA festgestellt, welches Gen in der betroffenen Familie mutiert ist. Anhand des Befunds erhalten Sie eine genetische Beratung, bei der die nächsten Schritte und Präventivmaßnahmen besprochen werden. [3]

Von eigenständig durchgeführten DNA-Tests ist eindringlich abzuraten. Ohne die fachliche Beratung können die Ergebnisse falsch interpretiert werden. Suchen Sie daher ein Zentrum für Genetik auf oder lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin weiterverweisen.

Ist Demenz vererbbar?

Um noch einmal zusammenzufassen:

Ja, es gibt bestimmte genetische Faktoren, die

  1. Bei der altersbedingten Form von Alzheimer das Risiko erhöhen können. Das betrifft vor allem das APOE-Gen, aber auch einige weitere Gene.
  2. Bei der erblich bedingten Form von Alzheimer das Risiko maßgeblich bestimmen. Dies sind allerdings nur etwa 1% der Alzheimer-Fälle.

[1] Scheltens, P., De Strooper, B., Kivipelto, M., Holstege, H., Chételat, G., Teunissen, C. E., Cummings, J., & van der Flier, W. M. (2021). Alzheimer’s disease. Lancet (London, England)397(10284), 1577–1590. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)32205-4

[2] Corder, E. H., Saunders, A. M., Strittmatter, W. J., Schmechel, D. E., Gaskell, P. C., Small, G. W., Roses, A. D., Haines, J. L., & Pericak-Vance, M. A. (1993). Gene dose of apolipoprotein E type 4 allele and the risk of Alzheimer’s disease in late onset families. Science (New York, N.Y.)261(5123), 921–923. https://doi.org/10.1126/science.8346443

[3] Medizinisch Genetisches Zentrum (2022). Alzheimer-Typ, familiär. Abgerufen am 12 April 2022, von https://www.mgz-muenchen.de/erkrankungen/diagnose/alzheimer-typ-familiaer.html